Der Streit um die Kostenaufteilung des CO2-Preises wird zur Wahlkampfdebatte und stellt die Wohnungswirtschaft vor viele Fragen. Doch egal wer die Kosten übernimmt, zur Erreichung der Klimaziele müssen alle Parteien mitwirken.
Die Klimabilanz 2020 hat gezeigt, dass unter allen Bereichen nur der Gebäudesektor seine Klimaziele nicht erreicht hat. Dabei ist gerade sein Einfluss auf ein klimaneutrales Deutschland von enormer Bedeutung. Immer noch knapp 20 % aller CO2-Emissionen entstehen durch das Heizen in Gebäuden; jede vierte Heizung ist 25 Jahre oder älter.
Damit die von der Regierung beschlossenen Klimaziele erreicht werden, gibt es seit Anfang des Jahres einen CO2-Preis auf den Ausstoß von Sprit, Gas und Heizöl. Pro Tonne an CO2-Emissionen werden 25 Euro erhoben. Für eine Wohnung von 140 Quadratmetern bedeutet das etwa 165 Euro an Kosten im Jahr. Eingeführt wurde das Gesetz mit dem Beschluss, dass dieser Betrag vom Mieter getragen wird. Ebenso lang existiert aber auch die Debatte, ob der Vermieter an den Kosten beteiligt werden soll.
UPDATE - 15. Juli 2021: Wie die Parteien die Einnahmen durch den CO2-Preis verteilen wollen. Ein Blick in die Wahlprogramme zur Bundestagswahl
Seit wenigen Wochen steht es fest: Die Kosten für den CO2-Preis trägt der Mieter allein. Zumindest noch in diesem Jahr. Wie sich die zukünftige Bundesregierung in Sachen Kostenverteilung entscheiden und ob der Vermieter schon im kommenden Jahr ebenso zur Kasse gebeten wird, ist noch offen. Unionskanzlerkandidat Armin Laschet ist sich sicher, dass zeitnah auch Vermieter Kosten übernehmen müssen. Dass dies in diesem Jahr noch nicht geschieht, ist nach CDU/CSU vor allem der Tatsache geschuldet, dass in der Kürze der Zeit kein gerechtes Verteilsystem gefunden wurde.
Doch was passiert eigentlich mit den Einnahmen durch den CO2-Preis, der sich bereits in diesem Jahr in Milliardenhöhe bewegt? Ein Blick in die Wahlprogramme zeigt, dass die Parteien hier ganz unterschiedliche Ansichten haben.
CDU/CSU: Die Unionsfraktion beruft sich auf einen europaweit einheitlichen CO2-Preis. Von einer Beteiligung des Vermieters am CO2-Preis ist vorerst nichts zu lesen. Ein Ausbau des Emissionshandels in den Sektoren Luftverkehr, Mobilität und Wärme wird jedoch fokussiert. Die Einnahmen durch den Emissionshandel sollen in vollem Umfang an die Bürger*innen zurückgegeben und die EEG-Umlage in diesem Zusammenhang unmittelbar abgeschafft werden.
SPD: Die Opposition sieht den CO2-Preis insbesondere als Anreiz für den Vermieter, Heizanlagen zu modernisieren und energieeffiziente Anlagen zu installieren. Eine Beteiligung des Vermieters an den Kosten sehen sie daher als unausweichlich. Auch die SPD möchte die EEG-Umlage abschaffen und die dadurch aufkommenden Kosten für den Bundeshaushalt mit den Einnahmen durch den CO2-Preis deckeln. Um mit dem CO2-Preis einhergehende soziale Ungerechtigkeiten zu vermeiden, sollen Ausgleichsmaßnahmen geprüft werden. Ebenso werden auch die Besteuerung digitaler Großkonzerne sowie eine CO2-Grenzabgabe in Erwägung gezogen.
Grüne: Nach Ansicht der Grünen ist der CO2-Preis mit 25 EUR pro Tonne ausgestoßenem CO2 viel zu niedrig angesetzt. Sie fordern eine Erhöhung auf 60 EUR pro Tonne Emission bis 2023. Sollen die Klimaziele allein über den CO2-Preis gelöst werden, ist eine soziale Schieflage nach Einschätzung der Grünen unaufhaltsam. Nachhaltigkeit soll kein Thema von sozialem Status sein. Entsprechend ist auch die Grüne bestrebt, alle Einnahmen durch den CO2-Preis in voller Höhe an die Bürger*innen zurückzuzahlen. In Form eines sogenannten „Energiegeldes“ sollen Rückzahlungen transparent pro Kopf erfolgen. Insbesondere Geringverdiener*innen profitieren von einem nachhaltigen, klimafreundlichen Verhalten.
FDP: In Bezug auf Kostenverteilung und soziale Gerechtigkeit äußert sich die FDP in ihrem Wahlprogramm nicht, betont aber, dass die Kostenerhebung auf Emissionen richtig ist, in Deutschland starten sollte und erst dann beendet ist, wenn es weltweit einen einheitlichen, marktwirtschaftlichen CO2-Preis gibt. Insgesamt wollen sie die Energiebesteuerung allerdings stark absenken und die EEG-Umlage abschaffen. Des Weiteren ist von einer Klimadividende, eines jährlichen, pauschalen Beitrags für alle Bürger*innen zu lesen.
Die Linke: Zum Thema CO2-Preis ist im Wahlprogramm der Linken wenig bis nichts zu lesen. Dem Emissionshandel stehen sie kritisch gegenüber, da er nicht auf den Klimaschutz einzahlt. Eine Reform des Emissionshandel auf EU-Ebene befürworten sie, damit jeglicher Missbrauch des Handels ausgeschlossen werden kann.
AfD: Nur im Wahlprogramm der Alternative für Deutschland ist noch weniger zum CO2-Preis zu lesen. Die AfD vertritt den Standpunkt, jegliche Form eines CO2-Preises wieder abzuschaffen.
UPDATE - 23. Juni 2021: Die Entscheidung für 2021 ist gefallen
Schien die Opposition im Mai noch den Zuspruch der Unionsfraktion zur Teilung der Kosten des CO2-Preises zu gewinnen, sind vorerst alle Bemühungen gescheitert. Die Fraktion aus CDU/CSU hat sich für 2021 endgültig gegen eine Beteiligung der Vermieter an den Kosten ausgesprochen. Der entsprechende Passus im Klimaschutz-Sofortprogramm ist gestrichen. Abermals betonen sie, dass Mieter nur dann ihren Umgang mit Ressourcen ändern, wenn sie alleinig die Kosten dafür tragen. Und das sei nunmal das oberste Ziel des CO2-Preises: die „Verhaltenslenkung“ der Mieter.
Damit insbesondere Einkommensschwache Haushalte durch den CO2-Preis nicht zusätzlich belastet werden, gibt es seit Januar ohnehin für alle mit Anspruch auf Wohngeld 10 %mehr an Unterstützung. SPD und Grüne sind dennoch enttäuscht von derEntscheidung. „Sozialen Klimaschutz“ stellen sie sich anders vor. Eine Extrazahlung sei zwar wichtig, reiche aber bei weitem nicht aus, um die neu entstandenen Kosten vollständig abzudecken. Auch Umweltverbände und Mieterbund zeigen sich verärgert und unterstützen die Argumentation der Opposition.
Welche Klimaschutzmaßnahmen wie umgesetzt werden, ist letztlich Aufgabe der kommenden Bundesregierung. Fest steht, dass Deutschland bis 2045 eine Treibhausgas-Neutralität erreicht haben soll. Fünf Jahre früher als ursprünglich geplant, wir nach einem Zustand gestrebt, in welchem wir nur so viel CO2 ausstoßen, wie wir auch neutralisieren können. Ein wichtiges Ziel, für das sich Mieter und Vermieter gemeinschaftlich und auch unabhängig vom CO2-Preis einbringen müssen. Durch einen ressourcenschonenden Umgang mit Heizstoffen, energieeffiziente Anlagen, Monitoring von Technik und digitalisierte, nachhaltige Prozesse.
UPDATE - 2. Juni 2021: Noch sind sich die Parteien über die Beteiligung der Vermieter uneinig
Mit dem Klimapakt Mitte Mai manifestierte sich die Idee, dass Mieter und Vermieter gleichermaßen für den CO2-Preis aufkommen. Damit diese Regelung noch im Juni als Gesetz verabschiedet und ab 1.1.2022 in Kraft tritt, verständigten sich Ministerien und Koalition zunächst darauf. Kurz vor der heutigen Bundeskabinettssitzung kippt die Einigung von Seitens der Unionsfraktion jedoch und verdeutlicht, inwieweit das Thema CO2-Preis bereits Thema des Wahlkampfs ist.
Zur Entlastung des Mieters befürworten SPD und Grüne die Teilung des CO2-Preises ausdrücklich. Sie betonen, dass der Mieter keinen Einfluss auf den energetischen Zustand des Wohngebäudes hat. Er trägt aber alleinig die Kosten, wenn alte Heizanlagen ineffizient laufen und für einen hohen CO2-Ausstoß sorgen. Dagegen argumentiert die Unionsfraktion aus CDU und CSU, dass Vermieter nicht für einen möglichen verschwenderischen Verbrauch der Mieter aufkommen sollten, weil so der Anreiz zur Senkung der Heizkosten gemindert wird.
Nutzen für Klimaschutz und Umsetzung einer Kostenteilung in der Praxis ist unklar
Die Unsicherheit in der Regierung resultiert aus zahlreichen ungeklärten Fragen. Inwiefern zahlt die Teilung des CO2-Preises wirklich auf das Ziel Klimaschutz ein? Sind Mieter bei einer Kostenbeteiligung des Vermieters weniger bestrebt, Heizkosten zu sparen? Bevorzugen Vermieter im Falle der Verabschiedung des Gesetzes dann eher Singles statt Familien, weil diese einen geringeren CO2-Ausstoß verursachen? Und wie erfolgt die Umsetzung der Kostenteilung in der Praxis?
Unabhängig davon, wer die Kosten am Ende des Tages übernimmt, gelingt die Energiewende nur dann, wenn sowohl Mieter als auch Vermieter aktiv in den Klimaschutz investieren. Ein wesentlicher Treiber dafür ist die Digitalisierung und Nutzbarmachung von Energiedaten. Kann der Energieverbrauch durch Mieter und Vermieter in Echtzeit und unabhängig von einem Drittanbieter abgerufen werden, gelangt verstärkt Transparenz in den Verbrauch und den damit verbundenen, individuellen CO2-Ausstoß, was wiederum anregt, Kosten einzusparen. Den Vermieter durch eine effiziente Heizanlage, den Mieter durch einen ressourcenschonenden Umgang beim Heizen.
Digitalisierung und Transparenz im Umgang mit Energiedaten vermindert CO2-Emissionen
Partner wie KUGU ermöglichen einen derartigen Einblick in die eigenen Energiedaten. KUGU ist eine modulare SaaS-Lösung zur eigenständigen energetischen Bewirtschaftung von Gebäuden. Durch die Kombination von Submetering und Metering können Immobilen- und Energieunternehmen ihre Energiedaten ganz selbständig über ein Portal verwalten, die Effizient ihrer Anlagen überprüfen, Betriebskostenabrechnungen erstellen und sich somit unabhängig von Messdienstleistern machen. Über eine damit verbundene Bewohner-App erhält zudem auch der Mieter Einblick in den eigenen Verbrauch und kann entsprechend sein Verhalten optimieren. Denn auch wenn viele Fragen hinsichtlich des CO2-Preises noch ungeklärt sind, sicher ist, dass für den Klimaschutz alle Parteien aktiv werden müssen.
Sie haben Fragen zum CO2-Preis oder wollen mehr Einblick in Ihre Energiedaten gewinnen? Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!
Christopher von Gumppenberg // Geschäftsführer // c.gumppenberg@kugu-home.com
Quellen:
5) https://www.tagesschau.de/inland/mieter-co2-preis-101.html
8) https://www.ccl-d.org/documents/2/Wahlpr%C3%BCfsteine_BTW21_b.pdf